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Dienstag, 17. März 2009

SZBZ 23.09.08

Tumultartige Szenen im Böblinger Amtsgericht.‭ ‬Türenschlagen,‭ ‬Skandalrufe,‭ ‬Polizeieinsatz‭ – ‬mit lautstarker Kritik quittierten die vorwiegend jüngeren Zuhörer der linken Szenen im Gerichtssaal den Urteilsspruch von Richter Michael Kirbach,‭ ‬der die sieben Angeklagten der gefährlichen Körperverletzung schuldig erachtete.‭

Der Richter sah es als erwiesen an,‭ ‬dass die Beschuldigten im Februar letzten Jahres fünf Besuchern einer NPD-Veranstaltung in der Sindelfinger Stadiongaststätte aufgelauert und sie zum Teil mit Stöcken verprügelt hatten.‭ ‬Obwohl,‭ ‬wie Richter Kirbach einräumte,‭ ‬keine eindeutigen Beweise,‭ ‬sondern‭ „‬nur Indizien‭“ ‬vorlagen.

Wie schon am ersten Verhandlungstag vor zwei Wochen verfolgten die Verteidiger der Angeklagten ihre Linie,‭ ‬das Zeugenaussagen widersprüchlich,‭ ‬keiner der Angeklagten identifiziert worden wäre.‭
Obwohl Motorradhauben und Schlagstöcke,‭ ‬die in einem Auto der Angeklagten gefunden wurden und die DNA-Analyse ergab,‭ ‬dass dass diese Beweisstücke zwei Angeklagten zugeordnet werden können.‭ ‬Die Analyse konnte jedoch keine Spuren der Opfer nach-weisen,‭ ‬noch,‭ ‬wann die Angekla-gten mit den Beweisstücken in Kontakt gekommen wären.

Noch mehr Vermummt

Wichtige Indizien für die Vertei-digung waren zwei weitere Motor-radkappen,‭ ‬die in der Sindelfinger Lilienstraße nach der Schlägerei gefunden wurden.‭ ‬Mit denen,‭ ‬so die Analyse,‭ ‬war keiner der Angeklagten in Berührung gekommen.‭ ‬Also waren möglicher-weise mehr Vermummte an diesem Abend unterwegs,‭ ‬zumal die Polizei einen Flüchtling in Richtung Zimmerstraße beobachtet hatte und nicht in die Veilchenstraße,‭ ‬wo die Ange-klagten geparkt hatten.

Dass die Zeugen zum Teil recht unterschiedliche Angaben zur Anzahl der Schläger machten,‭ ‬nahmen die Verteidiger als Entlastung für ihre Mandanten.‭ ‬Wenn es Indizien für weitere beteiligte gebe,‭ ‬könne dies nur heißen:‭ ‬Nicht alle oder keiner der Angeklagten hätten sich an der Keilerei beteiligt.‭ ‬Gestützt wurde die These durch die Aussage von zwei der Opfer,‭ ‬die auf dem Kampfplatz ein dunkles Auto mit Tätern davonfahren sahen,‭ ‬kurz bevor die Polizei eintraf.

Dieses ominöse Auto konnte jedoch nicht mit dem Golf und dem Fiesta,‭ ‬in denen die Angeklagten nach einer Verfolgungsjagd gestoppt wurden,‭ ‬in Einklang gebracht werden.‭ ‬Doch es war gerade auch die wilde Flucht über den Gehweg am Polizeiauto vorbei und über rote Ampeln,‭ ‬die Richter Kirbach davon überzeugten,‭ ‬das die Angeklagten auch die Täter waren.‭ ‬Dazu komme,‭ ‬dass ihre Kleidung in etwa mit den Beschreibungen über-‭ ‬einstimmte,‭ ‬Hauben und Stöcke in den Autos gefunden wurden.

Drei der Täter,‭ ‬unter anderem wegen gefährlicher Körper-‭ ‬verletzung vorbestraft,‭ ‬verurteilte Richter Kirbach zu‭ ‬16‭ ‬Monaten Gefängnis‭ – ‬ohne Bewährung,‭ ‬weil sie gegen bestehenden Auflagen verstoßen hatte.‭ ‬Die vier anderen wurden zu zehn beziehungsweise zu neun Monaten Freiheitsstrafe verurteilt,‭ ‬die jedoch zu Bewährung ausgesetzt wurde.‭ ‬Dafür müssen sie gemeinnützige Arbeit leisten.

Quelle:‭ ‬SZBZ‭

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